Auf dem Weg in die Anwendung – Berichte aus der 3R-Forschung
Nur wenige Alternativmethoden finden ihren Weg in die breite Anwendung. Über die Hürden des Transfers wurde in der zweiten Veranstaltung der virtuellen Veranstaltungsreihe „3R – Insights aus dem Labor“ des Bundesnetzwerks 3R diskutiert.
Es gibt eine große Zahl vielversprechender Ansätze, um Tierversuche erfolgreich zu ersetzen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren oder das Leiden von Versuchstieren zu verringern. Allerdings gelangen viele dieser Alternativmethoden nicht in die breite Anwendung. Warum dies so ist und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Transfer zu erleichtern, wurde auf der digitalen Veranstaltung „Auf dem Weg in die Anwendung – Berichte aus der 3R-Forschung“ mit Expertinnen und Experten aus Forschung, Industrie und Regulatorik besprochen.
Fehlende Koordinierung und Finanzierungsmöglichkeiten erschweren den Transfer von neuen Verfahren und Methoden erheblich – so die Mehrheitsmeinung der Teilnehmenden, die zu Beginn der Veranstaltung von Dr. Maria Schneider, Referat 617 des BMBF, befragt wurden. Welche notwendigen Schritte frühzeitig eingeleitet werden müssen, um einen erfolgreichen Transferprozess zu ermöglichen, wurde im Rahmen der Veranstaltung intensiv diskutiert.
Die Diskussionsrunde können Sie sich hier anschauen:
BN3R VA2 Paneldiskussion
Paneldiskussion im Rahmen der virtuellen Veranstaltung "Auf dem Weg in die Anwendung – Berichte aus der 3R-Forschung" Quelle: BMBF
Teilnehmende der Plenumsdiskussion waren:
Dr. Christian Lotz, Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC
Prof. Dr. Markus Hoth, Universitätsklinikum des Saarlandes
Dr. Brigitte Dorner, Robert Koch-Institut
Prof. Dr. Gilbert Schönfelder, Bundesinstitut für Risikobewertung
Dr. Heike Behrensdorf-Nicol, Paul-Ehrlich-Institut
Dr. Martin Raasch, Dynamic42 GmbH
Aktuelle Forschungsvorhaben stellen sich vor
Kernstück der Veranstaltung waren zudem Präsentationen diverser Projekte aus der BMBF-Förderung „Alternativmethoden zum Tierversuch“. Zu Beginn standen fünf Pitch-Vorträge von kürzlich gestarteten, anwendungsnahen Forschungsvorhaben:
Claudia Altdorf von SyntabTherapeuticsberichtete über das Verbundprojekt MammaExplant, das ein humanes Brustkrebs-Explantat-Modell entwickelt, welches zur Vermeidung von Maustumormodellen eingesetzt werden soll.
Im Projekt BestPracticePig, unter der Leitung von Prof. Dr. Alexa Klettner von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, werden Einzelzellkulturen aus dem Schweineauge für die Erforschung von Erkrankungen des Augenhintergrundes eingesetzt, da diese mit dem Menschen gut vergleichbar sind. Hierbei werden Augen von Schweinen aus Schlachtabfällen genutzt.
Das Projekt KLIMA, vorgestellt durch den Koordinator Dr. Otmar Schmid vom Helmholtz Zentrum München,möchte ein kombiniertes in-vitro und in-silico-Modell etablieren. Dabei sollen im Zellkulturmodell generierte Daten die Aufnahme von inhalierten Wirkstoffen von der Lunge ins Blut simulieren und in-silico-Daten die Eliminierung dieser Wirkstoffe aus dem Blut. Das entstandene Wirkstoffprofil ermöglicht tierversuchsfreie Aussagen über die Pharmakokinetik neuer aerosolbasierter Substanzen.
Dr. Ingo Spreitzer vom Paul-Ehrlich-Institut stellte mit dem Projekt PyroSafe ein Forschungsvorhaben vor, das den Monozyten-Aktivierungstest, eine bereits zugelassene Ersatzmethode zur Bestimmung von Arzneimittelverunreinigungen durch Endotoxine, etablieren möchte, um das Phänomen der „maskierten“ Endotoxine bzw. falsch negativer, valider Ergebnisse im Bakterien-Endotoxintest zu untersuchen. Dies soll zukünftig tierversuchsfrei einen zuverlässigen Nachweis auch auf maskierte Endotoxine ermöglichen.
Zum Abschluss der Pitch-Runde stellte Dr. Sebastian Dunst vom Bundesinstitut für Risikobewertung das Verbundprojekt MORPHEUS vor. Im Projekt wird eine neue Methode entwickelt, die durch die spezifische Anfärbung von Zellstrukturen eine substanzabhängige Veränderung der morphologischen Beschaffenheit von Zellen identifizieren kann. So sollen Substanzen charakterisiert werden, die das menschliche Hormonsystem stören können.
Dem Publikum wurden zudem bereits fortgeschrittene Verbundprojekte vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, dem Robert Koch-Institut und dem Universitätsklinikum des Saarlandes vorgestellt:
Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC entwickelt unter der Leitung vonDr. Christian Lotz das Projekt ImAi. Ziel ist es, einen tierversuchsfreien Ersatz für den Draize-Test zu entwickeln, der bei der Bewertung des Augenreizungspotenzials mit Chemikalien durchgeführt wird. Bisher wird für die Einteilung der Schädlichkeit von Substanzen auf das Auge weltweit ein belastender toxikologischer Test an lebenden Kaninchen durchgeführt, der sogenannte Draize-Augenreizungstest. Kernstück des neuen Testsystems ist ein modifiziertes Cornea-Model, das zur Simulation eingesetzt werden kann.
Prof. Dr. Markus Hothvom Universitätsklinikum des Saarlandesmöchte mit dem Projekt ZIT-Aeinen Einzelzell-Zytotoxizitäts-Assay entwickeln, der automatisierbar und hochdurchsatzfähig ist. Dieses Testsystem würde sich für die Erforschung einer erfolgreichen immun-vermittelten Tumortherapie eignen und konnte bereits erfolgreich zum Screening von Naturstoffen genutzt werden.
Und schließlich erforscht Dr.Brigitte Dornervom Robert Koch-Institutim Verbundprojekt TiViBoNT die tierversuchsfreie Diagnose von Botulismus. Botulismus ist eine lebensbedrohliche, meldepflichtige Krankheit, die durch Aufnahme von Botulinum-Neurotoxinen (BoNT) verursacht wird. Um diese Krankheit zu diagnostizieren wurden bislang Tierversuche mit Mäusen durchgeführt. Ein innovatives in-vitro-Verfahren zum Nachweis der humanpathogenen BoNTs aus Realproben soll den Maus-Bioassay im Rahmen der Botulismus-Diagnostik ersetzen.
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